Der Vorwurf ist alt, das Narrativ bekannt: Überbau sei das große Problem. Das große Übel. Die große Gefahr.

Aber ist es das wirklich?

Oder ist Überbau oft nur ein willkommener Anlass – für etwas ganz anderes?

Taunusstein: Ein Fall – viele Perspektiven

Im Sommer 2024 vergibt die Stadt Taunusstein den eigenwirtschaftlichen Ausbau an UGG. Fünf Cluster, darunter Wehen – das wirtschaftlich attraktivste Gebiet.

Ein halbes Jahr später kündigt die Telekom an: Auch sie will in Wehen ausbauen. Wenig später zieht sich UGG komplett zurück. Der wirtschaftliche Hebel ist weg – die Querfinanzierung bricht. Die Stadt spricht nun von Förderung als „einziger realistische Option“.

Soweit die Fakten. Aber was lernen wir daraus?

Ja, Überbau gibt es – und ja, er hat Folgen

Natürlich ist Überbau real. Natürlich kann er Projekte ins Wanken bringen. Und natürlich stellt sich die Frage: Darf ein marktmächtiger Anbieter gezielt dort ausbauen, wo es besonders weh tut?

Vor allem, wenn am Ende der Steuerzahler die Lücke stopft.

Aber genauso wichtig ist die Gegenfrage: War das ursprüngliche Modell robust genug? Oder reichte ein einziger Rückschlag – und der Business Case war dahin?

Zwei Wahrheiten, die nebeneinander bestehen

Ich war selbst in beiden Rollen:

  • Der, der überbaut wurde.

  • Und der, der „aus Versehen“ überbaut hat.

202x habe ich durch schnelles Handeln ein Stadtwerk aus dem Rennen geworfen – ohne es zu merken. Planung seit 201x, Finanzierung unklar, Baustart verschleppt. Am Ende war das Drama groß – aber fairerweise: Die Grundlage wackelte schon vorher.

In einem anderen Fall war ich schneller als die xxxxx – und habe das Gebiet bekommen. Nicht, weil ich zerstören wollte. Sondern weil ich einfach schneller war.

Was gerne vergessen wird

Viele Ausbauentscheidungen basieren auf Projekt-KPIs. Bleiben am Ende nur noch „teure Adressen“ übrig, platzt oft die Freigabe. Das ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar – aber es erklärt auch, warum selbst große Player Projekte abbrechen, sobald ein attraktives Teilstück wegbricht.

Gleichzeitig nutzen fast alle Anbieter dieselben Parameter zur Gebietsauswahl:

  • Hoher Anteil an Einfamilienhäusern

  • Geringer CAPEX pro Wohneinheit

  • Kaufkraft & Wettbewerbsumfeld

Dass dadurch die gleichen „Rosinen“ ins Visier geraten, ist keine böse Absicht – sondern systemisch bedingt.

Und wenn ein Ausbauprogramm über mehrere Jahre geplant ist, mit bereits beauftragten Tiefbauunternehmen, reservierten Ressourcen und hohem internen Druck, dann entsteht eine Dynamik, die Rückzug kaum noch erlaubt. Man baut dann nicht, weil es strategisch noch sinnvoll ist – sondern, weil es intern nicht anders geht. Sunk Costs. Erwartungsmanagement. Vertragsbindung. Gesichtsverlust. Schadensersatz.

Das zeigt: Manchmal ist nicht der Markt irrational – sondern der Druck, an Plänen festzuhalten, obwohl sich die Realität längst verschoben hat.

Die gefährliche Logik der Schuldfrage

Wenn plötzlich alle auf denselben Schuldigen zeigen, sollten wir kurz innehalten.

Denn auch andere Taktiken verzerren den Markt:

  • „Rosinenverträge“ mit Gemeinden

  • Ausbau-Vereinbarungen mit eingebautem Gebietsschutz

  • Bauverzögerung als Strategie, um Zeit zu gewinnen

Ob gewollt oder nicht: Auch das schafft Pseudo-Monopole. Nur mit einem freundlicheren Anstrich.

Denn mal ehrlich: Wie viele feiern sich gerade für ihre „gesicherte“ Gebietspipeline?

Eine Pipeline mit 1 Million Haushalten klingt beeindruckend – aber wenn du nur 100.000 pro Jahr bauen kannst, dann ist das am Ende auch nur eins: ein riesiges Handtuch auf dem Spielfeld.

Und während du dich noch auf deine Claims berufst, baut längst jemand anderes. Dann geht das Spiel von vorne los – mit Schuldzuweisungen statt Lösungen.

Was wirklich fehlt: Ein neues Commitment-Level

Wir brauchen keine Schulddebatte. Wir brauchen Ehrlichkeit – über:

  • die Grenzen von Businessplänen

  • die tatsächliche Rollout-Fähigkeit

  • die Abhängigkeit von wenigen Schlüsselclustern

Und: Wir brauchen ein Marktverständnis, das auch Friktion aushält. Denn Wettbewerb wird bleiben. Parallelität wird Realität.

Vielleicht geht es gar nicht um Überbau.

Vielleicht geht es um etwas Tieferes:

Wie viel unternehmerisches Risiko wollen wir wirklich tragen?

Wie viel Unsicherheit kalkulieren wir ein?

Wie flexibel sind unsere Strategien, wenn der Markt nicht wie geplant mitspielt?

Lass uns darüber diskutieren!

Wir brauchen einen Raum, in dem wir offen sprechen können – ohne PR-Sprache, ohne Schuldzuweisungen, ohne politischen Spin.

Deshalb laden wir zur nächsten FiberOS Mastermind-Runde am Dienstag den 05.08.2025 um 19 Uhr ein.

Dort diskutieren wir genau solche Fragen:

  • Was passiert wirklich bei Überbau?

  • Wie sehen resiliente Ausbaumodelle aus?

  • Und was wäre ein fairer Markt – für alle Seiten?

👉 Hier kannst du dabei sein (Account auf der Plattform erstellen und es geht sofort los)

Mein (persönliches) Fazit

Die Telekom ist nicht das Problem.

Auch nicht UGG. Auch nicht GVG. Auch nicht Stadtwerke oder andere Altnets.

Das Problem ist das "Spiel" welches wir alle spielen.

Eine Marktdynamik, in der:

  • jeder überall bauen darf

  • aber niemand Verantwortung übernimmt, wenn’s schiefläuft

  • Geschäftsmodelle aufgehen – solange niemand stört

  • und der Steuerzahler zahlt, wenn sich zwei streiten

Und jetzt du

Was denkst du?

  • Brauchen wir mehr Schutzräume – oder robustere Modelle?

  • Mehr Regulierung – oder mehr Wettbewerb?

  • Eine neue Fairness – oder einen besseren Umgang mit Realität?

👉 Oder schreib mir direkt – ich freue mich auf deine Perspektive.

Wir sehen uns.

– Oliver

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