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Mache dein Bauunternehmen zukunftssicher
3 Strategien für deinen Erfolg im Jahr 2024
Immer mehr Glasfaserunternehmen stehen vor schwierigen Herausforderungen. Seit einigen Monaten ziehen sich Investoren zurück, und Mitarbeiter verlieren ihre Jobs.
Ich habe bereits öfters davon gesprochen, dass das Zeitalter der reinen Homes Passed Fokussierung längst vorbei ist. Es geht nicht mehr darum, stumpf Glasfaser in die Straßen zu bringen, sondern immer stärker darum, die Kunden auch tatsächlich anzuschließen. Dies zeigt sich auch darin, dass die Margen für Tiefbauunternehmen im Glasfaserumfeld zunehmend geringer werden.
Viele Glasfaseranbieter haben ihre Strategie geändert. Obwohl sie noch nach der besten Lösung suchen, wissen sie, dass sich etwas ändern muss. Bei Bauunternehmen in der Glasfaserbranche hat dieser Wandel noch nicht stattgefunden. Das liegt daran, dass vor allem die Glasfaseranbieter die Probleme der letzten fünf Jahre spüren.
Glasfaseranbieter müssen zu einer Fiber Factory werden. So jedenfalls meine These. Doch wie schaffen es die Bauunternehmen, dies zu schaffen? Wie werde ich von einem NE3-Spezialisten zu einer Kundenanschaltmaschine?
In diesem Newsletter Beitrag möchten wir uns 3 wichtige Eckpfeiler einer Strategie 2025ff. anschauen. Für mich mündet dieser Ansatz in einem Konzeptpapier zum "virtuellen Generalunternehmers".
Ein Spiegelbild der Fiber Factory für Baudienstleister, die auf den Bau von Glasfasernetzen, den Bau von Hausanschlüssen und den Bau von Inhouse Netzen spezialisiert sind. Virtuell deswegen, weil wir bestimmte Dinge aufbrechen werden, die heute noch fest zusammengehören. Andere Elemente müssen enger zusammenwachsen.
Das Ziel ist einfach: Skalierung von Kundenschaltungen. Dabei kann uns eine Virtualisierung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten sehr helfen. Dies sollten wir für heute nur im Hinterkopf behalten, da wir den Bogen zum vGU dann beim nächsten Mal spannen werden. In diesem Newsletter Beitrag geht es um den dafür notwenigen praxisorientierten Leitfaden.
3 wichtige Eckpfeiler deiner Strategie als NE34 oder NE4 Dienstleister für die Jahre 2025ff.
Customer First Ansatz
ESG & Compliance
Skalierungsfähige Organisation zur internen Transformation hinzu einer Fließproduktion
Eckpfeiler I: Customer Activation First
In den vergangenen Jahren haben sich die Meisten Glasfaseranbieter auf Homes Passed fokussiert. Homes Passed bedeutet hier, das Verlegen der Glasfaser bis in die Straße. Das Anschalten der Endkunden ist im Ergebnis zu kurz gekommen.
Ich bin auf das Thema schon einmal in meinem Beitrag zur Fiber Factory eingegangen. Schaut euch gerne den Newsletter Beitrag oder das dazu gehörige Video gerne an.
Der Customer Activation First Ansatz ist eine Gegenbewegung zum bisherigen Homes Passed Ansatz. Hierzu möchte ich zwei Sichtweisen aufzeigen.
a) Customer Activation First mit Blick auf die Konzepte
Wir müssen zuerst die NE4 Konzepte entwickeln, bevor wir die anderen Gewerke designen. Erst wenn wir dies getan haben, durchdenken wir unsere Hausanschlüsse. Ganz zum Schluss folgt dann das Verteilnetz sowie die Backbone Konzepte. Nur so lässt sich sicherstellen, dass Kundenanschaltungen nachhaltig priorisiert werden.
Aus meinen Erfahrungen sind viele NE4 oder Hausanschlusskonzepte nicht zu Ende gedacht. In viele Fällen existieren trotz Milliarden Investmentpläne keine Hausanschlusskonzepte. Die Netzebene 4 ist nur bei wenigen Glasfaseranbietern verankert. Das ist ein großes Problem. Wie soll jemand Kundenschalten, wenn die Konzepte veraltet oder nicht durchdacht sind?
b) Customer Activation First in Bezug auf den Zeitpunkt der Beauftragung
In vielen Fällen werden Kundenaufträge in der Vorvermarktung gesammelt. Erst nach 1-2 Jahren werden diese an die Bauunternehmen übergeben. Stichworte wie "Licht im Rücken" klingen in der Theorie sehr schön. In der Praxis bedeutet es, dass Endkunden oftmals Jahre auf ihren Anschluss warten müssen.
Der finale Pop Standort, sowie Fertigstellung des Verteilnetzes dauert sehr lange. Sind diese beide Arbeitsschritten erledigt, müssen nun viele Kunden gleichzeitig angeschaltet werden.
Denn mittlerweile ist viel Zeit vergangen. Manche Röhrchen lassen sich in der Erde nicht mehr finden, weil schlecht dokumentiert. In anderen Fällen sind diese stark beschädigt worden. Die Netzebene 4 wird erst ganz zum Schluss beim Dienstleister beauftragt.
Das Resultat: Endkunden warten ohne weiteres 24-36 Monate nach Beauftragung auf ihren Glasfaseranschluss. Frust und der anschließend stattfindende Churn sind vorprogrammiert.
c) das Konzept: Customer Activation First
Der Customer First Ansatz ist jedoch genau andersherum. Die Konzepte fangen beim NE4 und dem Hausanschlusskonzept an. Die Sourcing-Strategie ist ebenfalls primär darauf ausgerichtet, HA und NE4 zu bauen. Verteilnetzbau ist Standardgeschäft. Voller Fokus auf Kundenanschaltungen.
In Zukunft müssen Kundenschaltungen (Hausanschluss und NE4) sofort bei Kundenbuchung weitergegeben werden. Dies geschieht, um wichtige Zeit für den Endkunden zu sparen. So werden Inhouse Netze und Hausanschlüsse auf Vorrat gebaut. Dabei verzichten wir bewusst auf "Licht im Rücken" und bereiten alles Mögliche vor.
Das Ziel ist es nicht, auf einen Schlag möglichst viele Kunden anzuschalten. Vielmehr ist es das Ziel in möglichst kurzer Zeit die ersten Kunden anzuschalten. So können binnen weniger Monate nach Baustart die ersten Kunden online gehen. Das verbessert den Cashflow der Investition. Außerdem erzielen wir einen deutlichen Gewinn an Kundenzufriedenheit. Dies kann die Auslastungsquote in den angrenzenden Gebieten nachhaltig verbessern.
Eckpfeiler II: ESG & Compliance
ESG-Nachhaltigkeitskriterien erfreuen sich bei Banken und Investoren einer zunehmenden Beliebtheit. Ökologische und soziale Faktoren stehen dabei auch bei den Meisten Glasfaseranbietern weit oben.
ESG-Konzepte und Maßnahmen sind mittlerweile fester Bestandteil vieler Debt-Finanzierungen von Glasfaserunternehmen.
Das Thema Glasfaser ist bei ESG-Experten recht beliebt. Der Grund: Glasfaser spart viel Strom im Vergleich zu Internet über Kupferkabel. Studien zeigen, dass durch Glasfaser langfristig mehr als 50 % des Stroms gespart werden können, der sonst mit Kupfertechnologie nötig wäre.
Um diese Einsparungen zu erreichen, ist viel Aufwand nötig. Viele Bauarbeiter sind auf den Baustellen, nutzen Benzin, entfernen alten Asphalt und legen neuen.
Langfristig verbessert der Ausbau von Glasfaser die CO2-Bilanz deutlich.
ESG-Experten konzentrieren sich auch auf soziale Aspekte. Diese betreffen besonders Glasfaser- und Bauunternehmen.
Auch soziale Aspekte sind wichtig. Dazu gehören Themen wie Kinderarbeit, Mindestlohn, Schwarzarbeit, Arbeitssicherheit, Zoll, Gebühren, Abgaben und Steuern. Verstöße schaden dem Ruf der Unternehmen und können Kunden und Aktienkurse beeinflussen.
Wenn Bauunternehmen gegen Gesetze verstoßen, entstehen Schäden und ein großer Reputationsverlust. Dieser betrifft sowohl Bau- als auch Glasfaserunternehmen und kann die Kundenzahlen und Aktienkurse beeinflussen.
Da Glasfaserunternehmen viel investiert haben, müssen Bauunternehmen nun nachziehen.
Eckpfeiler III: Skalierungsfähige Organisation zur internen Transformation hinzu einer Fließproduktion
Die Landschaft von Bauunternehmern in der Glasfaserbranche ist heterogen. Wir haben einige große Konzerne, die wir aus dem Hoch- oder Straßenbau kennen. Andere wiederum haben sich seit Jahrzehnten auf Stadtwerke oder Energieversorger spezialisiert.
Der Anstieg des Ausbauvolumens der vergangenen Jahre war jedoch sehr stark. Die ursprünglichen Player im Markt konnten die Aufträge schlicht nicht abarbeiten. Hinzu kommt, dass Glasfaserausbau anders ist als die bisherigen bekannten Bauprojekte.
Dadurch hat sich eine weitere Kategorie an Bauunternehmen entwickelt. Diese Bauunternehmen waren ursprünglich Subunternehmen größer Straßenbauern entstanden. Mit enormen Ausbaukapazitäten machen sie mittlerweile einen erheblichen Anteil des Glasfaserausbaus aus.
Die etablierten Baufirmen können vielfach mit ihren historisch gewachsenen Kostenstrukturen nicht mithalten. Die Gewerke und der Bedarf an ausgebildeten Mitarbeitern sind unterschiedlich.
Diese Subunternehmer bestanden aus einem ausgebildeten Geschäftsführer und ca. 10-20 Mitarbeitern. Die Mitarbeiter hatten in der Regel einen süd- oder osteuropäischen Hintergrund. Damit waren ihre Kostenstrukturen sehrt wettbewerbsfähig. Aus einigen sind mittlerweile florierende Mittelständler geworden.
Um zu wachsen sind diese Unternehmen oft Partnerschaften mit Subunternehmen eingegangen. Einige haben auch hunderte oder tausende Mitarbeiter selbst eingestellt. Andere sind eben den Weg über Subunternehmer gegangen. Hier gab es dann pro 10-20 Mitarbeiter es einen, der sich mit der Materie auskennt, einen Bauleiter. Die Bauleiter sind dann in jedem Fall interne Mitarbeiter gewesen. So ließ sich der Ausbau noch besser skalieren.
Über die Zeit sind diese Unternehmen immer weitergewachsen. Aus Bauleitern wurden noch besser bezahlte Bauleiter und schließlich Projektleiter. Viele Bauleiter von Bauunternehmen zu Bauunternehmen gewechselt. Dadurch sind die Gehälter stark gestiegen. Entweder durchs Abwerben der Bauleiter oder den Versuch den eigenen Bauleiter zu halten. Insgesamt war mehr Geld da, als Zeit neue Bauleiter auszubilden. Was dennoch im Einzelfall passiert ist.
Durch das große Wachstum sind so einige Bauleitern zu Projektleiter geworden. Dies ist einmal ein etwas missverständlicher Begriff. Es geht hier nicht um Methodik Wissen, sondern um einen Begriff für einen Karrierepfad. Man könnte auch "Oberbauleiter" oder ähnliches sagen.
Die Akzeptanz, auf die Baustellen zu fahren, wird dabei immer geringer. Das hat unternehmenskulturelle Aspekte, denn wer im Büro ist, ist wichtig. Zum anderen aber auch etwas sehr Menschliches: Bequemlichkeit.
In Konsequenz fällt es vielen Tiefbauunternehmen immer schwerer, das Qualitätsniveau hochzuhalten. Unzufriedene Auftraggeber äußern ihren Unmut immer häufiger und wechseln ihre Dienstleister.
Parallel dazu sind die Reporting- und Dokumentationsanforderungen der Auftraggeber gestiegen. Die Anforderungen aus Großkonzernen können kleine Mittelständler nicht bedienen. Somit sind die Backoffice-Strukturen sind ebenfalls langsam mitgewachsen. Die meisten Tiefbauunternehmen fokussieren sich dabei jedoch fast ausschließlich auf Hilfsarbeiter.
Viele Tiefbauunternehmen zögern, in skalierbare Backoffice-Strukturen oder Controlling zu investieren. Die Anzahl der Backoffice-Mitarbeiter ist stark gewachsen ist. Dennoch verdienen diese oft weniger als Bauleiter oder Projektleiter. Im Ergebnis verlieren die Tiefbaufirmen zunehmend die Kontrolle über ihr Geschäft.
Die Kosten explodieren und die Dokumentationen in Richtung der Auftraggeber werden nicht fertiggestellt.
Es hat sich eine Industrie aus vielen kleinen dezentralen Teams entwickelt. Diese kleinen Teams werden von einem Bauleiter angeführt. Die Gesamtsteuerung übernehmen Geschäftsführer oder Projektleiter mit Zuarbeit von überfordertem Backoffice. Dieses System wird Projekt für Projekt angewendet.
Das klingt erst einmal sehr nachvollziehbar. Allerdings handelt es sich bei Glasfaserausbau nicht um den Bau eines Formel 1 Autos. Vielmehr sollte der Bau eines hoch standardisierten Tesla Model 3 entsprechen.
In dem Bild geblieben, arbeiten viele kleine Projektteams jeweils an einem Auto. Genau wie in der Formel 1, allerdings nicht mit dem Versuch 2 oder 3 Autos zu produzieren, sondern Millionen. Von Anfang bis Ende. Solange wie es eben dauert, dass ein Auto fertiggestellt wird.
Wir stellen ein stark unterschiedliches Qualitätsniveau von Projekt zu Projekt fest. Lerneffekte oder Spezialisierungen finden selten statt.
Diese Ineffizienz wurde jahrelang von frischem Investorengeld finanziert. Den Verantwortlichen der Tiefbaufirmen kann man nur schwer einen Vorwurf machen. Ihre Unternehmen sind genau so groß geworden, sie kennen schlicht nichts anderes. Durch die gute Auftragslage gab es keinen Druck sich zu ändern.
Was du tun solltest:
Überdenke deine Organisationsstruktur
Auftraggeber und Tiefbauunternehmen müssen sich vom Projektmanagement verabschieden
es müssen wie in einer echten Fabrik "Stationen" mit klaren Verantwortlichkeiten entstehen
eine Station ist ein Arbeitsschritt wie zum Beispiel "Baustelle einrichten" oder "Qualitätsmanagement". Diese benötigen unterschiedliche gleichberechtigte Verantwortliche. Solche Verantwortliche müssen diese Aufgaben über die gesamten Tiefbaufirma steuern
Ausblick: Künstliche Intelligenz und automatisierte Prozesse für Bauunternehmen
Natürlich in der Liste noch ein wichtiger Eckpfeiler auf den Weg zu einer Tiefbau Fiber Factory. Über die Rolle von Software und insbesondere künstliche Intelligenz habe ich bereits häufiger geschrieben. Hierzu folgt demnächst noch einmal ein Deep Dive speziell für Bauunternehmen. Damit schließt sich auch der Kreis zum "virtuellen Generalunternehmer"
Mir war es für die heute Ausgabe einmal wichtig den Fokus auf die Themen rund um künstliche Intelligenz und IT-Tools zu legen. Um eurer Tiefbauunternehmen oder NE4 Dienstleister für die Jahre 2024ff. wettbewerbsfähig aufzustellen braucht es einfach beides. Viele sprechen gerade über KI, deswegen schauen wir uns heute einmal die andere Facette an, die vielleicht weniger attraktiv, aber dennoch wichtig ist.
Am Rande:
Einige von euch wissen, dass ich bei Bauleiter Günther AI eingestiegen bin.
Bauleiter Günther AI ist eine Bauleiter App mit speziell auf Tiefbauarbeiten trainiertem Sprachmodell und den Features, die sich jeder wünscht, aber kaum jemand wirklich umsetzt wie automatische AutoCAD Rotberichtung oder (buchstäbliche) Echtzeit 3D Scan. Also genau die Stichworte die aktuell hoch und runter diskutiert werden.
Das Ziel ist es, Bauleiter auf der Baustelle vor Ort zu entlasten und dadurch mehr Kontrolle, weniger lästiges Dokumentieren zu ermöglichen. Meldet euch gerne bei mir wenn ihr mehr erfahren möchtet.
In diesem Sinne,
Oliver